[24.01.2024] Am Wochenende hat der Verein seine Büroräume im Hechtsheimer Gewerbegebiet geräumt. Seine Möbel hat er zunächst an einen anderen Standort im Kreis Mainz-Bingen umgezogen.

Ergänzung; Bericht gefunden auf Indymedia

Im Folgenden wird von einer erfolgreichen Kampagne gegen ein extrem rechtes Zentrumsprojekt in Mainz berichtet. Dieser Bericht erfolgt in der Hoffnung, mit diesem Positivbeispiel, in einer Zeit, in der rechte Akteure immer stärker werden, anderen Antifaschist*innen Mut zu machen, sich gegen Zentren dieser Art zu engagieren.

Es sei Vorweg gesagt, dass sich die glückliche Lage ergab, dass die betroffene Immobilie nicht Eigentum eines extrem rechten Mäzen ist, sondern einem Immobilienkaufmann gehört, dem offensichtlich „nur“ egal ist ob dort extrem Rechte einen Raum finden oder nicht. Hauptsache die Miete kommt pünktlich auf seinem Konto an. Dies war ein maßgeblicher Baustein für die letztendliche Schließung des „Zentrum Rheinhessens“. Dazu aber später mehr.

Was ist das „Zentrum Rheinhessen“?

Das so genannte „Zentrum Rheinhessen“ war eine abgelegene und unauffällige Immobilie im Industriegebiet in Mainz-Hechtsheim. So ruhig die Lage war, so herausstechend waren die rassistischen, anti-feminisitischen und faschistischen Ideen, die auf Veranstaltungen im „Zentrum Rheinhessen“ von unterschiedlichen Akteur*innen propagiert wurden.

Was geschieht im „Zentrum Rheinhessen“?

Durch eine prominent angebrachte Aufschrift an einer Scheibe des „Zentrum Rheinhessens“ konnte man unschwer entnehmen, dass dort die Wahlkreisbüros der AfD-Kader Sebastian Münzenmaier (MdB) und Damian Lohr (MdL und ehemaliger Vorsitz des Bundesverbands der „Jungen Alternativen“) einen Raum fanden. Beide Personen pflegen unterstützende Beziehungen zur extrem rechten Burschenschaft „Germania Halle zu Mainz“, welche im Folgenden noch desöfteren eine Rolle spielen wird.

Im folgenden werden exemplarisch einige der Veranstaltungen dargelegt, zu welchen das „Zentrum Rheinhessen“ einlud.

Nach Monaten, in denen die Veranstaltungen im „Zentrum Rheinhessen“ ohne größere mediale Aufmerksamkeit stattfanden, war die 10 jährige Jubiläumsfeier des Bundesverbands der „Jungen Alternativen“, die Erste, die aus diesem Muster herausstach. Durch Medienberichte wurde öffentlich, dass bei dieser „Feier“, an der circa 150 Personen teilnahmen, offen der Einsatz von Konzentrationslagern für migrantisierte Menschen, sowie politische Gegner*innen befürwortet wurden und die Teilnehmenden durch Hitlergrüße auffielen. Dies war lange vor den CORRECTIV-Recherchen zu Deportationsplänen der AfD und anderen extrem Rechten und blieb ohne weiteren öffentlichen Auffschrei.

Als im Juli 2023 eine starke antifaschistische Demonstration das Stiftungsfest der Burschenschaft „Germania Halle zu Mainz“ störte, indem sie vor das Burschenschaftshaus zog und mit einem kämpferischen Auftritt die Burschen in die Schranken wies, stand das „Zentrum Rheinhessen“ als Ausweichstandort zur Verfügung, in welches die Burschen letztendlich auch flohen, um ungestört ihr Stiftungsfest abzuhalten. Die schlagende Burschenschaft „Germania Halle zu Mainz“ fiel in Vergangenheit insbesondere damit auf, dass öffentlich ein „Ariernachweis“ für Mitglieder gefordert wurde. Daraufhin spalteten sich einige Burschenschaften aus dem Dachverband der extrem rechten „Deutschen Burschenschaft“ ab. Die Germania Halle zu Mainz bewies mit dem Verbleib im entsprechenden Dachverband, dass sie sogenannte „Ariernachweise“ für ihre Mitglieder gutheißen. Weiterhin fallen die Burschen und ihre Gäste regelmäßig durch das rassistische „White Power“-Symbol auf, welches vorallem in identitären Kreisen beliebt ist. An dieser Stelle sei betont, dass die eben gennanten AfD Kader Sebastian Münzenmaier und Damian Lohr zu genau dieser Burschenschaft Beziehungen pflegen.

Die wahrscheinlich größte mediale Resonanz erzeeugte eine so genannte „Alternative Buchmesse“ im „Zentrum Rheinhessen“. Diese wurde vom extrem rechten Verlag „Jungeuropa“, welcher aus dem Umfeld des „Instituts für Staatspolitik“ um Götz Kubitschek stammt, und dem identitären Kampagnennetzwerk „1 Prozent“ veranstaltet. Bei diesem überregionalen Treffen extrem Rechter, machten AfD-Kader keinen Hehl daraus gemeinsam mit Personen aus der „Identitären Bewegung“ aufzutreten.

Apropos „1 Prozent“ : Auf ihrer Website listen sie 5 „patriotische Zentren“ in Deutschland, die sie ihren „Kamaraden“ zur Vernetzung und ideologischen Weiterbildung ans Herz legen. Darunter finden sich Zentren in den ostdeutschen Städten Cottbus, Chemnitz und Aue, eine Immobilie in Dortmund-Dorstfeld und eben das „Zentrum Rheinhessen“ in Mainz. Dass das „Zentrum Rheinhessen“ also auch intern in extrem rechten Kreisen ein hohes Ansehen und Wichtigkeit genoss scheint damit offensichtlich.

Was an diesen vier einschlägigen Beispielen bereits klargeworden sein sollte ist, dass das „Zentrum Rheinhessen“ als überregionaler Knotenpunkt für extrem rechte bis neonazistische Vernetzung von AfD, Identitären Gruppen und Einzelpersonen, Burschenschaften und pseudo-intellektuellen „Patrioten“ wie Götz Kubitschek, eine wichtige Funktion erfüllte.

Wer steckt hinter dem „Zentrum Rheinhessen“?

Nach der Feststellung der Wichtigkeit für extrem rechte Vernetzung und dem antfaschistischen Wunsch nach einer Schließen des „Zentrum Rheinhessens“ stellt sich die natürliche Frage wer hinter dem „Zentrum Rheinhessen“ steckt.

Vordergründig wurde das „Zentrum Rheinhessen“ vom Verein „Deutsches Kulturerbe Rheinhessen e.V.“ unterhalten. Dieser hat eine enge Verbindung sowohl zum nationalistischen „Institut für Staatspolitik“ um Götz Kubitschek, als auch der bereits erwähnten Burschenschaft „Germania Halle zu Mainz“. Ersteres sollte in der ursprüunglichen Satzung des Vereins, im Falle einer Auflösung, das Vermögen des „Deutschen Kulturerbe Rheinhessen e.V.“ überschrieben bekommen. Das Burschenschaftshaus der „Germania Halle zu Mainz“ diente damals als Gründungsort des Vereins. Die Gründungsmitglieder haben ebenso allesamt Bezug zu dieser Burschenschaft.

Immernoch offensichtlich ist, dass die AfD mit ihren Wahlkreisbüros einen wichtigen Player in der Verwaltung des „Zentrum Rheinhessens“ darstellte. Allen voran sei an dieser Stelle der bereits angesprochene Sebastian Münzenmaier zu erwähnen, der oft als Schirmherr des „Zentrum Rheinhessens“ auftrat. So wurde beispielsweise in Aufrufen zur Teilnahme an der „Alternativen Buchmesse“ im „Zentrum Rheinhessen“ von „seinem“ Zentrum gesprochen.

Weniger offensichtlich, aber durchaus sichtbar ist das Engagement von weiteren überregianal aktiven, extrem rechten Kadern im „Zentrum Rheinhessen“, sei es als Organisator*in einer Veranstaltung oder Geldgeber*in.

Kampagne „Zentrum Rheinhessen schließen“

Auf Grund all dieser Punkte hat sich eine Gruppe von Antifaschist*innen aus verschiedenen Kontexten zusammengetan, um mit einer breit angelegten Aufklärungskampagne das abgelegene „Zentrum Rheinhessen“ in die Aufmerksamkeit von Politik und Gesellschaft zu rücken. Um dies zu erreichen wurden nach einigen Recherchen vier Texte verfasst,, ein Design entworfen und diese auf Plakate gedruckt. Die Kampagne „Zentrum Rheinhessen schließen“ unter dem Motto „Keinen Raum der AfD in Mainz“ war geboren. Im Winter 2023 wurden dann in küzester Zeit über 2000 Plakate im gesamten Mainzer Stadtgebiet verbreitet. Ergänzt wurde diese Plakataktion mit einigen Infoveranstaltungen und einem Internetauftritt (https://zrschliessen.noblogs.org), der auch in Zukunft weiter mit Informationen und Gedanken zu antifschistischer Arbeit in Mainz bespielt wird.

Der Vermieter

Nach weiteren Recherchen der „Allgemeinen Zeitung“ aus Mainz wurde bekannt, dass es sich beim Eigentümer der Immobilie, welche Raum für das „Zentrum Rheinhessen“ bietet, um den überregional aktiven Immobilienkaufmann Wolfram Richter handelt. Besondere Aufmerksamkeit erregte seine Bewerbung auf den Kauf des Flughafen Hahn. Wolfram Richter besitzt über ganz Deutschland verteilt circa 2.000 Wohungen. Im Interview mit der „Allgemeinen Zeitung“ beschreibt er sich selbst als „sehr unpolitisch“ und meint, angesprochen auf die Rolle der Immobilie als extrem rechter Vernutzungsort: „Ich habe keine Meinung dazu. Ich bin ein normaler Vermieter, ich mache meinen Job.“ Diese Selbsteinschätzung, anfangend bei der Bezeichung des „Vermieter-seins“ als Job bishin zu seiner unpolitischen Einstellung, ist natürlich falsch. Durch die unreflektierte Bereitstellung dieser Immobilie an die AfD und andere extrem Rechte machte sich der Vermieter zum aktiven Unterstützer extrem rechter Vernetzung in Mainz, Deutschland und Europa.

Gleichzeitig, war es, wie in der Einleitung bereits ausgeführt, ein Glücksfall, dass der Eigentümer nicht selbst in extrem Rechten Kreisen verkehrt oder gar aktiv ist, da sonst eine Schließung wohl in weite Ferne gerückt wäre.

„Zentrum Rheinhessen“ geschlossen

Das „Zentrum Rheinhessen“, welches, wie ausgeführt, in den letzten Monaten immer öfter als überregionaler Vernetzungspunkt von extrem Rechten der AfD, der Burschenschaft Germania Halle zu Mainz und von identitären Gruppen und Einzelpersonen auffiel, wurde letztendlich von der Mainzer Stadtverwaltung geschlossen. Grund dafür waren fehlende Genehmigungen zur Nutzung der Immobilie als Veranstaltungsraum. Durch die großangelegte Aufklärungskampagne im gesamten Stadtgebiet und der anhaltenden Berichterstattung der „Allgemeinen Zeitung“ über die Veranstaltungen im „Zentrum Rheinhessen“, wurde die Mainzer Stadtverwaltung auf die illegale Nutzung der Immobilie aufmerksam und schloss diese folgerichtig. Somit wurde die Schließung des „Zentrum Rheinhessens“ maßgeblich durch die von uns erzwungene Öffentlichkeit erwirkt. Gegen Ende Januar 2024 folgte der langersehnte Auszug der AfD aus dem nun ehemaligen „Zentrum Rheinhessen“.

Keinen Raum der AfD in Mainz

Auch nach der Schließung des „Zentrum Rheinhessens“ heißt es in Zukunft weiter: Keinen Raum der AfD in Mainz! Noch hat die AfD, in Form der Wahlkreisbüros von Sebastian Münzenmaier und Damian Lohr, keine neue Bleibe, was sich allerdings jeder Zeit ändern kann. Genauso können aktuell keine großen Vernetzungstreffen, wie im „Zentrum Rheinhessen“ geschehen stattfinden.

Die Situation bleibt dynamisch und wir, als Antifaschist*innen, werden uns weiter aktiv und solidarisch gegen extrem rechte Umtriebe in Mainz stellen. Sei es von Seiten der AfD, seien es rassistische Abschiebungsfantasiehen der aktuellen Regierung oder Entmenschlichungen anderer Art.

Alle zusammen gegen den Faschismus !